Die Stadt Andong an der koreanischen Ostküste, Schlusssatz des Violinkonzerts von Sergej Prokofjew – da passierte es: Peng, dem Solisten Vadim Repin reißt die E-Saite an seiner wertvollen Stradivari. Doch was dann kommt, verblüfft nicht nur Tonmeisterin Nora Brandenburg, die in einer provisorisch zum Regieraum umgerüsteten Künstlergarderobe die Aufnahme leitet: Blitzschnell und praktisch für niemanden wahrnehmbar tauscht Vadim Repin seine kostbare Geige mit der des Konzertmeisters Ermir Abeshi. Wie tausendmal geprobt spielt sich alles in Sekunden schnelle ab: jetzt spielt der Solist auf einer intakten Geiger das Konzert zu Ende und Ermir Abeshi hält – zum ersten und letzten Mal in seinem Leben? – eine echte Stradivari in den Händen, mehr noch, spielt darauf.
Hornistin Cosima Schneider, gerade von der Bühne gekommen, fehlen beinahe die Worte: „Das erlebt man nicht alle Tage, das war wirklich souverän, wie sie das gelöst haben“. „Das war der Wahnsinn, selbst die Orchestermusiker haben zum Teil gar nicht gemerkt, dass Vadim und Ermir ihre Instrumente getauscht haben“, kommentiert Orchesterwart Christian Pfleger den reibungslosen und professionellen Ablauf. Auf eine Zugabe musste Vadim Repin zwar schweren Herzens verzichten, stehende Ovationen und donnernden Applaus gab es dennoch vom Publikum.
Souverän war das Stichwort des Abends. Auch vom Jetlag und der vierstündigen Reise von Seoul bis nach Andong an der koreanischen Ostküste ließen sich die Musiker der DRP an diesem Abend nichts anmerken. Sie gaben eine einwandfreie Visitenkarte ab für klassische Musik made in Germany.
