Foto: Felix Broede

Hector Berlioz - Symphonie fantastique

 

Im Live-Musikunterricht mit großem Orchester stellten die DRP und SR 2-Moderator Roland Kunz am 7. Januar 2016 in der Saarbrücker Congresshalle die “Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz vor – eine Stunde intensive Orchestermusik, inklusive einer leidenschaftlichen Lovestory. Am Pult stand der amerikanische Dirigent Joshua Weilerstein.


Zum zehnjährigen Orchesterjubiläum gibt es den Mitschnitt des SR-Fernsehens hier noch einmal zu sehen:

Musik für junge Ohren - Symphonie fantastique
Video [DRP, (c) SR, 07.01.2016, Länge: 61 Min.]
Musik für junge Ohren - Symphonie fantastique


„Mein Leben ist ein Roman“

Hector Berlioz hat – wie Robert Schumann und Richard Wagner – ein umfangreiches musikschriftstellerisches Werk hinterlassen. Im Mittelpunkt die „Mémoires“, eine große Künstler-Autobiographie. Darin schreibt er nicht nur über sein musikalisches Denken: Mein Leben ist ein Roman, der mich sehr interessiert. Und in diesem Roman gibt es zentrale Figuren: Hamlet, Faust, Child Harold. Berlioz ist als Kritiker rastlos, polemisch, teilweise aggressiv. Konservative Pariser Musikerkollegen bezeichnet er als elende Bewohner des Tempels der Routine. Kein Wunder, dass er sich mit seinen radikalen öffentlichen Auftritten in der französischen Hauptstadt keine Freunde machte. Er wollte Professor am Pariser Conservatoire werden – und man gab ihm die subalterne Stelle des Bibliothekars.

Symphonie fantastique

Mit einem Paukenschlag hatte er am 5. Dezember 1830 seine Karriere begonnen. An diesem Tag wurde seine Symphonie fantastique uraufgeführt, und nicht nur in der Musikszene war dieses Ereignis ein großes Gesprächsthema. Denn Berlioz hat in aufreizender Offenheit sein Liebesleben musikalisch offengelegt: seine Liebe zur irischen Shakespeare-Darstellerin Harriet Smithson. Er hatte sie bei einem ihrer Gastspiele in Paris erlebt und war ihrem Charme – ohne ein Wort Englisch zu verstehen! – hoffnungslos erlegen. 1833 haben die beiden tatsächlich geheiratet, doch lange währte die Liebe nicht. Der geniale Spötter Heinrich Heine hat diese Liebesaffäre wunderbar beschrieben. Bei der Uraufführung, so Heine, habe Berlioz die Pauke geschlagen, während seine Angebetete in der Avantscene-Loge saß. Berlioz sah immer unverwandt nach ihr hin, und jedes Mal, wenn sein Blick dem ihrigen begegnete, schlug er los auf seine Pauke, wie wütend. Miss Smithson ist seitdem Madame Berlioz geworden, und ihr Gatte hat sich seitdem auch die Haare schneiden lassen. Als ich diesen Winter im Conservatoire wieder seine Symphonie hörte, saß er wieder als Paukenschläger im Hintergrunde des Orchesters, die dicke Engländerin saß wieder in der Avantscene, ihre Blicke begegneten sich wieder ... aber er schlug nicht mehr so wütend auf die Pauke.

Psychomusik

Mit seiner Symphonie fantastique hat Berlioz das Orchesterspiel revolutioniert. Er arbeitete mit Zitaten und Collagen und hat „hässliche“ Klänge salonfähig gemacht: Psychomusik eines äußerst sensiblen, phantasievollen, exaltierten, radikalen Musikers. Als Episode aus dem Leben eines Künstlers hat er das Werk bezeichnet, und dieses Leben entfaltet sich in den fünf Sätzen. Ein Liebesthema durchzieht das ganze Stück und wechselt dabei seine Gestalt. Es lockt und zerrt, blendet und verstört.
Berlioz schrieb zu dem Werk ein ausführliches Programm, das wie eine Gebrauchsanweisung ans Publikum ausgehändigt werden sollte. Darin heißt es (in der Übersetzung von Peter Schmidt) unter anderem zu den fünf Sätzen:

1. Träume – Leidenschaften Der Komponist stellt sich vor, dass ein junger Musiker zum ersten Mal eine Frau sieht, die in sich alle Reize des Idealwesens vereinigt, das er sich in seiner Vorstellung erträumt hat, und dass er sich sterblich in sie verliebt.

2. Ein Ball Der Künstler ist in die verschiedensten Lebensumstände versetzt: mitten in den Tumult eines Festes, in friedvolle Betrachtung der Schönheiten der Natur; aber überall, in der Stadt, auf dem Lande, erscheint das teure Bild vor seinem Auge und versetzt seine Seele in Unruhe.

3. Szene auf dem Lande Eines Abends auf dem Lande hört er in der Ferne zwei Hirten, die zusammen einen Kuhreigen spielen. Er sinnt über seine Einsamkeit nach: er hofft, bald nicht mehr allein zu sein. Doch wie, wenn sie ihn täuschte?

4. Gang zum Richtplatz In der sicheren Erkenntnis, dass sein Leben mißachtet werde, vergiftet sich der Künstler mit Opium. Die Dosis des Narkotikums ist zwar zu schwach, um ihm den Tod zu geben, versenkt ihn aber in einen von den schrecklichsten Visionen begleiteten Schlaf.

5. Traum einer Sabbatnacht Er sieht sich beim Hexensabbat inmitten einer abscheulichen Schar von Geistern, Hexen und Ungeheuern, die sich zu einer Totenfeier versammelt haben. Seltsame Geräusche, Stöhnen, schallendes Gelächter, ferne Schreie. Das Motiv seiner Liebe erscheint noch einmal, doch es hat seinen noblen und schüchternen Charakter verloren; es ist nichts mehr als ein gemeines Tanzlied, trivial und grotesk.

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